Einsatzleiterwiki

Das elektronische Einsatzleiterhandbuch

Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


technische_hilfe:verkehrsunfall:elektrofahrzeuge

Sie befinden sich in der bearbeitbaren Version des Einsatzleiterwiki-Projekts. Klicken Sie hier für allgemeine Informationen zum Projekt.

Unterschiede

Hier werden die Unterschiede zwischen zwei Versionen angezeigt.

Link zu dieser Vergleichsansicht

Beide Seiten der vorigen RevisionVorhergehende Überarbeitung
Nächste Überarbeitung
Vorhergehende Überarbeitung
allgemeine_hilfe:allgemein:elektrofahrzeuge [01.09.2011 20:52] – Version bestätigt christoph_ziehrtechnische_hilfe:verkehrsunfall:elektrofahrzeuge [08.11.2020 11:24] (aktuell) – ↷ Links angepasst weil Seiten im Wiki verschoben wurden christoph_ziehr
Zeile 1: Zeile 1:
-====== Elektro-/Elektrohybridfahrzeuge ======+====== Elektro-/Hybridfahrzeuge ======
  
 ===== zu treffende Maßnahmen ===== ===== zu treffende Maßnahmen =====
  
-  * bei Verdacht auf Elektrofahrzeug umso sorgfältigere Erkundung: +==== Erkundung ==== 
-    Personen (Fahrerbefragen + 
-    Nachsehen ob [[rettungsdatenblaetter:start|Rettungskarte]] vorhanden +Bei einem Verkehrsunfall braucht der örtliche Führer zwingend eine VEFK (Verantwortliche Elektrofachkraft), um erkennen zu können, ob es sich ggfs. um ein Batteriebasiertes, oder anderweitiges Elektrofahrzeug handeltDer Erkunder kann VEFK in Personalunion sein. Stellt der Erkunder ein E-Fahrzeug fest: 
-    * auf Werbeaufkleber achten + 
-    kein Auspuff bei reinen Elektrofahrzeugen +  Grundsätzlich 1,00 Meter Abstand halten (DGUV Vorschrift 3- das Fahrzeug nicht berühren. 
-    * Versuchen alle Komponenten des Systems zu lokalisieren+  Niemals ohne isolierende Handschuhe in das Fahrzeug greifen. (Hinweis: Feuerehrschutzhandschuhe nach DIN EN 659 2008-06 sind nicht isoliert, und damit nicht geeignet). 
 +  * Durch Betrachtung des Verunfallten Fahrzeuges muss der Erkunder Hersteller und Typ des Fahrzeugs erkennen. 
 +  * Handelt es sich um ein Serienfahrzeug muß die zugehörige [[:rettungsdatenblaetter:start|Rettungskarte]] von der Leitstelle elektronisch angefordert werden. 
 +  Wird kein Serienfahrzeug festgestellt, muß die VEFK das Fahrzeug im Einzelnen erkunden. 
 +  * Bei [[technische_hilfe:verkehrsunfall:airbag|Airbagauslösung]] wird manchmal das Hochvoltsystem (nach VDE: Die Niederspannungsanlage) automatisch deaktiviert. Es kann sein, daß die Automatik zerstört ist. 
 +  * Die Spannungsfreiheit stellt die VEFK fest. 
 + 
 + 
 +==== Maßnahmen ==== 
 + 
 +  * Fahrzeug kann sich unvermittelt in Bewegung setzen: 
 +      * System über Trennschalter in Motorraum oder Armaturenbrett deaktivieren bzw. Zündung ausschalten 
 +      * Schalthebel auf "P" bzw. Gang einlegen 
 +      Hand- bzw. Parkbremse anziehen 
 +      * Schlüssel abziehen und mindestens 5 Meter entfernt vom Fahrzeug aufbewahren ("Keyless-Entry"-Systeme) 
 +  * Hochvoltanlage außer Betrieb nehmen und gegen Wiedereinschalten sichern (siehe [[:rettungsdatenblaetter:start|Rettungsdatenblatt]]) 
 +  * Vorsicht bei Arbeit mit hydraulischen Rettungsgeräten - nicht in dicke (orangene) Kabel schneiden! 
 +  * Einsatzkräfte auf besondere Gefahren hinweisen 
 +  * vollständige Schutzkleidung tragen 
 + 
 +=== Brandbekämpfung === 
 + 
 +  * Spannungen bis 1.500 V möglich (vgl. VDE 0140-1:2016-11 Tabelle1). [[:allgemein:elektrische_anlagen|Strahlrohrabstände einhalten]]! 
 +  * Akku kann im Brandfall am besten mit viel Wasser gelöscht und gekühlt werden, hierbei kann [[:cbrn:chemisch:klasse_2:stoffe:wasserstoff|Wasserstoff]] entstehen (Wasserstoffflamme ist nicht sichtbar, [[:allgemein:geraete:waermebildkamera|]]!). Löschmittelzusätze führen i.d.R. zu schnellerem Löscherfolg. 
 +  * bei nicht sicher deaktiviertem System [[:allgemein:elektrische_anlagen#wasser|Strahlrohrabstände]] einhalten 
 +  * Sand/Metallbrandpulver ist eher nicht geeignet 
 + 
 +=== ausgelaufene Batterie === 
 + 
 +  * bei ausgelaufenem Nickel-Metall-Hydrid-Akku [[:cbrn:allgemein:koerperschutzformen|Körperschutz Form 2]] und umluftunabhängigen Atemschutz. 
 +  * ggf. ausgelaufene Batterieflüssigkeit von Nickel-Metall-Hydrid-Akkus mit Öl- oder Chemikalienbinder aufnehmen. Bei Vermischung mit [[:brand:allgemein:loeschwasserrueckhaltung|Löschwasser dieses auffangen]]. \\  Alternative zu Bindemittel: Neutralisation mit 
 +      * verdünnter Borsäurelösung (800 g Borsäure auf 20 l Wasser) oder 
 +      * Essig 
 +  * ggf. findet sich bei der Batterie auch Kühlmittel die auch auslaufen können 
 + 
 +==== besondere Gefahren ==== 
 + 
 +  * Spannung in PKW bis zu 300 V, in Bussen bis zu 700 V. Es dauert bis zu 5 Minuten bis sich die Spannung in den Kabeln abgebaut hat. 
 +  * Fahrzeug kann geräuschlos, aber trotzdem fahrbereit sein. Der Verbrennungsmotor kann bei niedriger Batteriespannung selbsttätig starten. 
 +  * ab 100°C können Akkus aufplatzen, dann wird Wasserstoff frei 
 +  * toxische Gase im Brandfall 
 + 
 +===== Allgemeine (Vorgehens-)Hinweise ===== 
 + 
 +==== Akkumulatoren ==== 
 + 
 +Akkus können durch Kühlflüssigkeit gekühlt werden. 
 + 
 +Je nach verwendeter Akku-Technologie ergeben sich verschiedene Eigenschaften: 
 + 
 +  * Lithium-Ionen-Akku: siehe [[:cbrn:chemisch:klasse_9:stoffe:lithium-ionen-akkumulatoren|]] 
 +  * Nickel-Metall-Hydrid-Akku: Batterieflüssigkeit ist stark alkalisch, [[:cbrn:allgemein:cbrn-lexikon:ph-wert|]] 13,5! Bestandteile sind 
 +      * [[:cbrn:ericards:klasse_8:18141008|ERICard Kaliumhydroxid (UN-Nr. 1814)]] 
 +      * [[:cbrn:ericards:klasse_8:18241015|ERICard Natriumhydroxid (UN-Nr. 1824)]] 
 + 
 +==== Nach dem Einsatz ==== 
 + 
 +  * Elektro- und Hybridfahrzeuge können auch Stunden nach dem Unfall noch in Brand geraten. Abschleppunternehmen und Polizei darauf hinweisen! 
 +  * Beschädigte Hochvolt-Batterien sind Gefahrgut und sind nur von Berechtigten zu verladen, zu transportieren und zu lagern. 
 + 
 +==== Merkmale Elektro- und Hybridfahrzeuge ==== 
 + 
 +=== Merkmale Hybridfahrzeuge === 
 + 
 +  * Versuchen alle Komponenten des Systems zu lokalisieren
       * Akku ist i.d.R. im Heck des Fahrzeugs; unter Kofferraumboden und unter Fahrzeug nachsehen. Dabei auf Warnhinweise ("Gefahr durch Strom") achten. Batteriegehäuse unter keinen Umständen öffnen oder gar entfernen!       * Akku ist i.d.R. im Heck des Fahrzeugs; unter Kofferraumboden und unter Fahrzeug nachsehen. Dabei auf Warnhinweise ("Gefahr durch Strom") achten. Batteriegehäuse unter keinen Umständen öffnen oder gar entfernen!
-      * auf dicke Kabel im Schweller/unter dem Fahrzeug achten; Vorsicht bei Arbeit mit hydraulischen Rettungsgeräten +      * auf dicke (orange) Kabel im Schweller/unter dem Fahrzeug achten
-      * kein Tankfüllstutzen, dafür Ladesteckdose, ggf. hinter Tankdeckel nachsehen wenn gefahrlos zu öffnen+
       * Elektromotoren können auch direkt an den Rädern sein       * Elektromotoren können auch direkt an den Rädern sein
-  * System über Trennschalter in Motorraum oder Armaturenbrett deaktivieren + 
-  * Prüfen ob Fahrzeugkarosserie spannungsfrei +=== zusätzliche Merkmale reiner Elektrofahrzeuge === 
-  * Einsatzkräfte auf besondere Gefahren hinweisen + 
-  * bei Brandbekämpfung: +  * Meist Werbeaufkleber vorhanden 
-    * Akku kann im Brandfall am besten mit Wasser gelöscht und gekühlt werden, hierbei kann Wasserstoff entstehen (Wasserstoffflamme ist nicht sichtbar, Wärmebildkamera!). Löschmittelzusätze führen i.d.Rzu schnellerem Löscherfolg+  * kein Auspuff und andere typische Elemente von Verbrennungsmotoren 
-    bei nicht sicher deaktiviertem System [[allgemein:elektrische_anlagen#wasser|Strahlrohrabstände]] einhalten +  * E-Kennzeichen ("E" am Ende des KFZ-Kennzeichens) 
-    * Sand/Metallbrandpulver ist eher nicht geeignet + 
-  * vollständige Schutzkleidung tragen, bei ausgelaufenem Nickel-Metall-Hydrid-Akku leichten CSA und umluftunabhängigen Atemschutz+===== Quellenangabe ===== 
-  * ggf. ausgelaufene Batterieflüssigkeit von Nickel-Metall-Hydrid-Akkus mit Öl- oder Chemikalienbinder aufnehmenBei Vermischung mit Löschwasser dieses auffangen\\ Alternative zu BindemittelNeutralisation mit + 
-    * verdünnter Borsäurelösung (800 g Borsäure auf 20 l Wasser) oder +  * [[http://www.lfs-bw.de/Fachthemen/Einsatztaktik-fuehrung/Sonstiges/Documents/LithiumIonenAkkus.pdf|Einsatzhinweise für ElektrofahrzeugeLandesfeuerwehrschule Baden-Württemberg, Bruchsal 2011.]] 
-    * Essig+  * [[https://www.vfdb.de/fileadmin/download/merkblattneueantriebstechniken.pdf|vfdb-Merkblatt "Einsätze an Kraftfahrzeugen mit alternativen Antriebsarten und -kraftstoffen", Oktober 2007]] 
 +  * [[http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/i-8664.pdf|BGI/GUV-I 8664: Rettungs- und Löscharbeiten an PKW mit alternativer Antriebstechnik]], Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) 2012 
 +  * Gerhard Schmöller, Tim Pelzl, Rolf Erbe: Einsatz an Fahrzeugen mit alternativen AntriebenIn: Brandschutz 2/2013, S96 ff. 
 + 
 +Hinweis zur Wartung des Artikelsbei Aktualisierung mit Informationen auf der Seite [[technische_hilfe:verkehrsunfall:erkennung_alternativer_fahrzeugantriebe]] abgleichen. 
 + 
 +===== Stichwörter ===== 
  
 ==== besondere Gefahren ==== ==== besondere Gefahren ====
  
   * Spannung in PKW bis zu 300 V, in Bussen bis zu 700 V. Es dauert bis zu 5 Minuten bis sich die Spannung in den Kabeln abgebaut hat.   * Spannung in PKW bis zu 300 V, in Bussen bis zu 700 V. Es dauert bis zu 5 Minuten bis sich die Spannung in den Kabeln abgebaut hat.
 +  * Fahrzeug kann geräuschlos, aber trotzdem fahrbereit sein. Der Verbrennungsmotor kann bei niedriger Batteriespannung selbsttätig starten.
   * ab 100°C können Akkus aufplatzen, dann wird Wasserstoff frei   * ab 100°C können Akkus aufplatzen, dann wird Wasserstoff frei
   * toxische Gase im Brandfall   * toxische Gase im Brandfall
  
 ===== Allgemeine (Vorgehens-)Hinweise ===== ===== Allgemeine (Vorgehens-)Hinweise =====
 +
 +==== Akkumulatoren ====
 +
 +Akkus können durch Kühlflüssigkeit gekühlt werden.
  
 Je nach verwendeter Akku-Technologie ergeben sich verschiedene Eigenschaften: Je nach verwendeter Akku-Technologie ergeben sich verschiedene Eigenschaften:
  
-==== Lithium-Ionen-Akku ====+  * Lithium-Ionen-Akku: siehe [[cbrn:chemisch:klasse_9:stoffe:lithium-ionen-akkumulatoren]] 
 +  * Nickel-Metall-Hydrid-Akku: Batterieflüssigkeit ist stark alkalisch, [[cbrn:allgemein:cbrn-lexikon:ph-wert|pH-Wert]] 13,5! Bestandteile sind 
 +    * [[cbrn:ericards:klasse_8:18141008|ERICard Kaliumhydroxid (UN-Nr. 1814)]] 
 +    * [[cbrn:ericards:klasse_8:18241015|ERICard Natriumhydroxid (UN-Nr. 1824)]]
  
-  * alle Teile, inklusive der Batterieflüssigkeit, sind brennbar +==== Nach dem Einsatz ====
-  * Batterie kann bei Kurzschluss Feuer fangen+
  
-==== Nickel-Metall-Hydrid-Akku ====+  * Elektro- und Hybridfahrzeuge können auch Stunden nach dem Unfall noch in Brand geraten. Abschleppunternehmen und Polizei darauf hinweisen! 
 +  * Beschädigte Hochvolt-Batterien sind Gefahrgut und sind nur von Berechtigten zu verladen, zu transportieren und zu lagern. 
 + 
 +==== Merkmale Elektround Hybridfahrzeuge ==== 
 + 
 +=== Merkmale Hybridfahrzeuge === 
 + 
 +  * Versuchen alle Komponenten des Systems zu lokalisieren 
 +      * Akku ist i.d.R. im Heck des Fahrzeugs; unter Kofferraumboden und unter Fahrzeug nachsehen. Dabei auf Warnhinweise ("Gefahr durch Strom") achten. Batteriegehäuse unter keinen Umständen öffnen oder gar entfernen! 
 +      * auf dicke (orange) Kabel im Schweller/unter dem Fahrzeug achten 
 +      * Elektromotoren können auch direkt an den Rädern sein 
 + 
 +=== zusätzliche Merkmale reiner Elektrofahrzeuge === 
 + 
 +  * Meist Werbeaufkleber vorhanden 
 +  * kein Auspuff und andere typische Elemente von Verbrennungsmotoren 
 +  * E-Kennzeichen ("E" am Ende des KFZ-Kennzeichens)
  
-  * Batterieflüssigkeit ist stark alkalisch, pH-Wert 13,5! Bestandteile sind 
-    * Kaliumhydroxid (UN-Nr. 1814) 
-    * Natriumhydroxid (UN-Nr. 1824) 
  
 ===== Quellenangabe ===== ===== Quellenangabe =====
  
   * [[http://www.lfs-bw.de/Fachthemen/Einsatztaktik-fuehrung/Sonstiges/Documents/LithiumIonenAkkus.pdf|Einsatzhinweise für Elektrofahrzeuge. Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg, Bruchsal 2011.]]   * [[http://www.lfs-bw.de/Fachthemen/Einsatztaktik-fuehrung/Sonstiges/Documents/LithiumIonenAkkus.pdf|Einsatzhinweise für Elektrofahrzeuge. Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg, Bruchsal 2011.]]
-  * [[http://vfdb.de/Download-Bereich.111.0.html?&no_cache=1&L=0&tx_abdownloads_pi1[action]=getviewclickeddownload&tx_abdownloads_pi1[uid]=319&tx_abdownloads_pi1[cid]=192|vfdb-Merkblatt "Einsätze an Kraftfahrzeugen mit alternativen Antriebsarten und -kraftstoffen", Oktober 2007]]+  * [[https://www.vfdb.de/fileadmin/download/merkblattneueantriebstechniken.pdf|vfdb-Merkblatt "Einsätze an Kraftfahrzeugen mit alternativen Antriebsarten und -kraftstoffen", Oktober 2007]] 
 +  * [[http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/i-8664.pdf|BGI/GUV-I 8664: Rettungs- und Löscharbeiten an PKW mit alternativer Antriebstechnik]], Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) 2012 
 +  * Gerhard Schmöller, Tim Pelzl, Rolf Erbe: Einsatz an Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. In: Brandschutz 2/2013, S. 96 ff. 
 + 
 +Hinweis zur Wartung des Artikels: bei Aktualisierung mit Informationen auf der Seite [[technische_hilfe:verkehrsunfall:erkennung_alternativer_fahrzeugantriebe]] abgleichen.
  
 ===== Stichwörter ===== ===== Stichwörter =====
  
technische_hilfe/verkehrsunfall/elektrofahrzeuge.1314910343.txt.gz · Zuletzt geändert: 01.09.2011 20:52 von christoph_ziehr